von Tobias R. Thauer M.A., Personalleiter TVS Weimar
Beim Erstellen von qualifizierten Arbeitszeugnissen nach § 109 GewO ist es langjährige und höchstrichterlich bestätigte Praxis, dass ein Zeugnis bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses das Austrittsdatum trägt. Das LAG Köln hat diese Praxis der Personalverwaltungen in einer aktuellen Entscheidung nunmehr in Frage gestellt.
Beschäftigte haben beim Ende des Arbeitsverhältnisses einen gesetzlichen Anspruch auf ein (qualifiziertes) Zeugnis. Das Zeugnis muss nicht nur wohlwollend formuliert sein, es muss auch den Grundsätzen der Zeugniswahrheit und -Klarheit entsprechen. Ein falsches Arbeitszeugnis kann einen Arbeitgeber schadensersatzpflichtig machen. Arbeitsgerichte müssen immer wieder darüber urteilen, ob ein Arbeitszeugnis richtig ausgestellt wurde, oder ob es korrigiert werden muss: unleserliche Unterschrift, der falsche Aussteller oder das Zeugnis ist verknittert. Insbesondere das korrekte Ausstellungsdatum ist immer wieder Gegenstand von Streitigkeiten.
Ein Arbeitszeugnis soll, so die gängige Praxis in den Personalverwaltungen, das Datum führen, an dem das Arbeitsverhältnis rechtlich beendet wurde. Dies gilt regelmäßig auch dann, wenn die tatsächliche Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses beispielsweise durch die Inanspruchnahme von Urlaub vorab erfolgte. Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt (BAG) billigt diese Praxis seit geraumer Zeit in seiner Rechtsprechung: diese Festlegung schaffe Rechtssicherheit und vermeide Spekulationen über einen eventuellen Streit zwischen den Arbeitsvertragsparteien bezüglich des Arbeitszeugnisses. Ein längerer Zeitraum zwischen dem Ende des Arbeitsverhältnisses und der Erstellung des Zeugnisses könne sonst eben diese Vermutung hervorrufen.
Das LAG Köln hat nunmehr in einem Fall entschieden, dass das Zeugnis das Datum zu tragen hat – und auch tragen darf – welches dem Tag der tatsächlichen Ausfertigung entspricht (Leitsatz).
In dem erstinstanzlich geführten Verfahren einigten sich die Parteien auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 28.02.2023 und auf die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses mit der Note „gut“. Der Vergleich wurde jedoch erst einen Monat nach der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschlossen, und am 11.04.2023 bestandskräftig. Im Rahmen des geschlossenen Vergleichs erstellte der Arbeitgeber daraufhin ein Zeugnis und vermerkte als Ausstellungsdatum „im April 2023“. Damit war der Arbeitnehmer jedoch nicht einverstanden und klagte erneut, diesmal auf Berichtigung des erteilten Zeugnisses mit dem Ausstellungsdatum 28.02.2023. Diesem Ansinnen folge das Arbeitsgericht Aachen jedoch nicht (ArbG Aachen, Urt. v. 07.12.2023, Az. 1 Ca 2444/23). Das im Rahmen der Berufung angerufene LAG Köln folgte dem Urteil vor vorherige Instanz und stellte fest, dass im Streitfall der Grundsatz der Zeugniswahrheit vorgeht. Das Ausstellungsdatum eines Zeugnisses muss – und kann daher auch – im Allgemeinen dem Datum seiner Ausfertigung entsprechen, so das Gericht (Leitsatz). Ausnahmen sieht das Gericht nur im Rahmen einer Zeugnisberichtigung, oder wenn sich die Arbeitsvertragsparteien auf einen bestimmten Zeugnisinhalt – nebst Datum – geeinigt haben.
Praxisrelevanz: ein vom rechtlichen Beendigungszeitpunkt abweichendes Ausstellungsdatum sollte nach Meinung des Verfassers in der Praxis der Personalverwaltungen dennoch weiterhin gängige Praxis sein, um Spekulationen über eine etwaige gerichtliche Auseinandersetzung das Ende eines Arbeitsverhältnisses betreffend im Sinne ausscheidender Beschäftigter zu vermeiden, damit das berufliche Fortkommen nicht unnötig erschwert wird. Ein abweichendes Ausfertigungsdatum sollte daher nur im Ausnahmefall zur Anwendung kommen.