Entscheidung zur Dauer einer Probezeit bei befristeten Arbeitsverträgen

November 10, 2025

von Tobias R. Thauer M.A., Personalleiter TVS Weimar

Der Gesetzgeber hat mit Einführung des § 15 Abs. 3 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) festgelegt, dass die Probezeit in einem angemessenen Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen muss. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat nunmehr diese Regelung in seiner Entscheidung vom 30.10.2025 (Az. 2 AZR 160/24) ausgelegt und Kriterien für die Bemessung einer angemessenen Probezeitdauer festgelegt. Seit der Novellierung des TzBfG stellte sich für die Anwender befristeter Arbeitsverhältnisse in der Praxis die Frage, was genau eine angemessene Probezeit wäre, wenn die übliche sechsmonatige Probezeit nach § 622 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nunmehr nicht mehr als Regelmaßstab herangezogen werden kann.

Die Probezeit im befristeten Arbeitsverhältnis beträgt nicht zwingend sechs Monate.

Einige Tarifverträge machen von der Möglichkeit des § 622 Abs. 4 BGB Gebrauch, kürzere Probezeiten vorzuschreiben. Die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes (TVöD-Bund/VKA und TV-L) beispielsweise sehen für sachgrundlose (kalendermäßige) Befristungen unter bestimmten Umständen eine deutlich kürzere, nur sechswöchige Probezeit vor. Doch diese Regelungen kommen nicht überall zur Anwendung. Da der Gesetzgeber lediglich eine angemessene Probezeitdauer im Gesetz vorgegeben hat waren nunmehr die Arbeitsgerichte gefragt, die gesetzliche Regelungen auszulegen. In zwei wesentlichen Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte (LAG) SchleswigHolstein und Berlin-Brandenburg wurde in den vergangenen Jahren unterschiedlich entschieden: Einmal wurde entschieden, dass die Hälfte des voraussichtlichen Befristungszeitraumes als angemessen gilt (LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 18. Oktober 2023 – 3 Sa 81/23). Das LAG Berlin-Brandenburg sah dem gegenüber lediglich 25% der Vertragslaufzeit als eine angemessene Probezeit an (LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 02.07.2024 – 19 Sa 1150/23). Da beide Gericht die Revision beim Bundesarbeitsgericht zugelassen haben, wurde eine grundlegende Entscheidung des BAG zu dieser Frage seitdem von der Praxis erwartet.

Unterschiedliche Zeiträume als Maßstab für eine angemessen Probezeitdauer.

Mit seiner Entscheidung vom 30.10.2025 hat das Bundesarbeitsgericht nunmehr entscheiden, dass es für die Bemessung einer Probezeit keine regelrechte Berechnungsbasis geben kann, vielmehr müsse für jedes befristete Arbeitsverhältnis die angemessene Probezeit im Einzelfall festgelegt werden. In der vorliegenden Entscheidung kündigte die Arbeitgeberin ein befristetes Arbeitsverhältnis während der Probezeit, die unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Rechtsprechung auf vier Monate bei einer einjährigen Befristungsdauer vertraglich vereinbart wurde. Die Arbeitnehmerin wehrte sich gerichtlich gegen die Kündigung und trug vor, dass Klausel zur Probezeit im Vertrag unwirksam sei, und damit auch die Vereinbarung zur Kündbarkeit. 

Bundesarbeitsgericht: keine regelmäßige Berechnungsbasis für die Festlegung der Probezeit.

Das BAG erachtete die vereinbarte Probezeit auch mit Blick auf die Vertragsdauer als angemessen, insbesondere da die beklagte Arbeitgeberin einen Einarbeitungsplan in einer der Probezeit entsprechenden Dauer vorlegte. Das Gericht sah daher die individuelle Probezeit als sachlich begründet an und verneinte eine feste im Sinne von berechenbarer Probezeit. Die Probezeit in einem befristeten Arbeitsvertrag müsse immer im Einzelfall unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Vertragsdauer und der Art der Tätigkeit festgelegt werden.

Praxishinweis: Verwender von befristeten Arbeitsverhältnissen sollten die Bemessung der Probezeit in jedem Einzelfall festlegen und dokumentieren, beispielsweise anhand eines Einarbeitungsplanes. Zudem beträgt der gesetzlich festgelegte Zeitraum bis zum Eintritt des allgemeinen Kündigungsschutzes nach § 1 KSchG -unbeschadet einer gegebenenfalls kürzeren Probezeitdauer- weiterhin sechs Monate.