Kündigungsschutz und Klagefrist bei unbemerkter Schwangerschaft

Mai 26, 2025

von Tobias R. Thauer M.A., Personalleiter TVS Weimar

Schwangere Beschäftigte unterliegen dem besonderen Kündigungsschutz nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 MuSchG. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Arbeitgeber von der Schwangerschaft einer Beschäftigten Kenntnis hat, oder dass diesem eine bestehende Schwangerschaft spätestens zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Die Überschreitung dieser Frist ist unschädlich, wenn die Überschreitung nicht auf einem von der Frau zu vertretendem Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird. Schwangere Beschäftigte können auch dann noch Kündigungsschutzklage einreichen, wenn sie erst nach Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist nach § 4 Abs. 1 KSchG sichere Kenntnis von ihrer Schwangerschaft haben.

In diesem Zusammenhang stellt sich für Personalverwaltungen in der Praxis daher die wesentliche Frage, zu welchem Zeitpunkt eine Frau von einer Schwangerschaft sicher Kenntnis hat. Zu dieser Frage hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinem Urteil vom 3. April 2025 geäußert (BAG, Urt. v. 3. April 2025, Az. 2 AZR 156/24).

In dem Fall wurde einer Beschäftigten durch den Arbeitgeber im Verlauf des 14. Mai 2022 zum Ende des Monats Juni schriftlich gekündigt. Knapp zwei Wochen später machte sie einen individuellen Schwangerschaftstest mit positivem Ergebnis. Sie bemühte daraufhin umgehend um einen Termin beim Facharzt, bekam diesen jedoch erst am 17. Juni. Dort bestätigte ihr Frauenarzt eine Schwangerschaft im ca. zweiten Monat. 

Die schwangere Beschäftigte reichte jedoch erst kurz vor dem Facharzttermin, am 13.06. Klage gegen die Kündigung ein. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch die regelmäßige dreiwöchige Klagefrist bereits abgelaufen, so dass nachträgliche Zulassung durch die Klägerin beantragt wurde. Eine Klage ist dann nachträglich zuzulassen, wenn eine Frau von ihrer Schwangerschaft aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grund erst nach Ablauf der dreiwöchigen Frist Kenntnis erlangt. Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 KSchG muss jedoch der Antrag auf nachträgliche Zulassung dann innerhalb von zwei Wochen ab sicherer Kenntnis über eine Schwangerschaft gestellt werden.

Die Beklagte entgegnete dem Antrag mit der Begründung, dass die Frau durch den ursprünglichen Schwangerschaftstest bereits innerhalb der regulären dreiwöchigen Kündigungsfrist nach § 4 Satz 1 KSchG Kenntnis erlangt hat. Eine nachträgliche Zulassung wäre somit nicht zulässig.

Ergebnis: Sowohl Bundesarbeitsgericht, als auch beide Vorinstanzen entschieden im Sinne der Klägerin. Zwar sei die ursprüngliche, dreiwöchige Klagefrist unstrittig nicht gewahrt worden. Die Klage sei in diesem Fall aber nachträglich zuzulassen: die Arbeitnehmerin habe erst mit der frauenärztlichen Untersuchung sicher Kenntnis davon erlangt, dass sie bereits schwanger war, als ihr gegenüber die Kündigung ausgesprochen wurde. Der individuelle Schwangerschaftstest habe diese Kenntnis nicht sicher vermitteln können. Zudem sei ihr nicht nachteilig anzurechnen, dass sich der Arzttermin über die dreiwöchige Kündigungsfrist hinaus verzögert habe.